Digitalisierung & Gesundheit von Kindern und Jugendlichen
Wenn von Digitalisierung im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen die Rede ist, stehen meist zwei Themenfelder im Blickpunkt: nämlich zum Einen die Notwendigkeit einer umfassenden digitalen Bildung wie sie etwa auch mit dem Masterplan Digitalisierung des Bildungsministeriums angestrebt wird. Auf der anderen Seite stehen die Risiken der Nutzung von digitalen Geräten und online-Medien – befürchtete negative Auswirkungen auf die gesunde Entwicklung, auf Sozialkompetenzen, akademische Leistungen, Bildungserfolg und Gesundheit der Heranwachsenden.
Digitale Geräte mit Internetanbindung gehören zum Alltag von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ganz selbstverständlich dazu. Smartphone und Tablets haben sich zu Massenprodukten entwickelt, die ständig verfügbar sind und in allen Lebensbereichen eine wichtige Rolle spielen. Diese Entwicklung ist nicht mehr umkehrbar; umso wichtiger ist deshalb ein Blick auf die Risiken und Chancen der Digitalisierung im Hinblick auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Wie nutzen Heranwachsende online-Medien?
Heute stehen fast allen Kindern und Jugendlichen digitale Geräte und Internet zur Verfügung; nahezu alle besitzen ein eigenes Smartphone, das sie eigenständig nutzen können. Schon die Kleinsten nämlich die 3- bis 6-Jährigen, benutzen, so zeigen Untersuchungen, zumindest gelegentlich internetfähige Geräte selbstständig.
Wie häufig sind Kinder und Jugendliche online?
Bei den über 9-Jährigen nutzen mehr als drei Viertel das Internet täglich; 100% der Jugendlichen geben an, das Internet mehrmals pro Woche zu nutzen. Dabei sind sie an Werktagen durchschnittlich etwa 2 ½ bis 3 ¼ Stunden online.
Was tun Kinder und Jugendlichen im Internet? Wo halten sie sich auf?
Etwa zwei Drittel der Jugendliche geben an, im Internet bevorzugt Musikvideos, Funny Clips oder Filmtrailer anzusehen. Fast ebenso viele nutzen Messanger Dienste (z.B. WhatsApp) und Social Media, um mit Freunden und Familie zu kommunizieren. Noch lieber ist den meisten jedoch das reale Zusammensein: 72 % der Jugendlichen nennen das Treffen mit ihren Freundinnen und Freunden als liebste Freizeitbeschäftigung. Genutzt wird das Internet auch für die Schule; mehr als die Hälfte der Jugendlichen geben an, online nach Infos für die Schule zu suchen. Lernprogramme und Lernapps werden von vielen gern verwendet. 41% interessieren sich für Games am Computer, Handy oder an der Spielconsole.
Entsprechend den bevorzugten online-Aktivitäten sind die am meisten genutzten Plattformen und Dienste Youtube (91%), WhatsApp (91%) und Instagram (76%). Gefragt, auf welches Angebot sie am wenigsten verzichten könnten, gibt der Großteil der Jugendlichen den Messanger Dienst WhatsApp an. Social Media werden genutzt, um mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben. Rund die Hälfte folgt auf Social Media auch prominenten, interessanten Persönlichkeiten; Jugendliche mit niedriger Schulbildung neigen eher dazu, Vertrauen in diese sogenannten Influencer zu haben und sie als glaubwürdig einzuschätzen.
Studien & Umfragen
- 6. OÖ-Jugend-Medien-Studie 2019. Das Medienverhalten der 11- bis 18-Jährigen – market Institut im Auftrag der Education Group GmbH.
- Jugend-Internet-Monitor Österreich – Saferinternet.at
- Die Allerjüngsten und digitale Medien – Saferinternet.at
- Online-Erfahrungen von 9- bis 17-Jährigen – EU Kids Online-Befragung in Deutschland 2019
Wie hängen Digitalisierung und Gesundheit zusammen?
Kinder und Jugendliche verbringen also ganz selbstverständlich einen großen Teil ihrer Zeit mit digitalen Medien und nutzen sie für Kommunikation, Unterhaltung und Entspannung genauso wie für das Lernen. Für die Generation der Eltern und Lehrkräfte, die noch nicht mit diesen Geräten aufgewachsen ist, stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise der Gebrauch Auswirkungen auf Gesundheit, soziale Kompetenzen und schulische Leistungen haben könnte.
Vier Thesen zu Digitalisierung und Gesundheit
Die Medienpsychologin Nicole Döring beschreibt vier Thesen, die in der aktuelle Diskussion über die möglichen Auswirkungen immer wieder auftauchen: Die Verdrängungsthese nimmt an, dass gesundheitsförderliche Aktivitäten wie Bewegung im Freien, Treffen mit Freunden usw. zunehmend durch eher schädliche, inaktive online-Aktivitäten verdrängt werden. Die Kompensationsthese meint, dass Internetnutzung Chancen eröffnet, etwa durch die einfache Informationsbeschaffung oder durch soziale Unterstützung und Gemeinschaftsbildung in sozialen Netzwerken. Die Strukturverstärkerthese geht davon aus, dass digitale Medien soziale Ungleichheiten weiter verstärken: „Privilegierte Menschen werden durch ihre besonders konstruktive Onlinenutzung ihre Gesundheit weiter verbessern, Unterprivilegierte im Zuge dysfunktionaler Internetnutzung ihre Gesundheit dagegen weiter gefährden.“ Die Indifferenzthese nimmt an, dass Internetnutzung im Vergleich zu anderen Faktoren wie Elternhaus, Schule, Freundeskreis, Gesundheitssystem usw. wenig Einfluss auf die individuelle Gesundheit hat.
Risiken und Chancen
Die Nutzung von digitalen und online-Medien kann also ein Risiko für die Gesundheit darstellen, aber auch gesundheitsförderliche Chancen bieten. Es gibt Hinweise darauf, dass die moderate Nutzung von online-Medien sich vorteilhaft auf die verbalen Fähigkeiten und auf die kognitive und neuronale Entwicklung auswirkt. Durch digitale Technologien können soziale Beziehungen von Kindern und Jugendlichen angeregt bzw. Freundschaften durch die Kommunikation über Messenger-Dienste und Social Media intensiviert werden. Ein bewusstes Engagement in online-Aktivitäten ist also für das subjektive mentale Wohlbefinden und das Zugehörigkeitsgefühl durchaus vorteilhaft, während zu viel, aber anscheinend auch zu wenig ungünstig wirken.
Digitale Technologien bieten zudem Potenziale für die Vermittlung von Gesundheitswissen und die Förderung von Gesundheitskompetenz. So können etwa Informationen zu Gesundheitsthemen, die für Kinder und Jugendliche interessant sind, in altersadäquater Aufbereitung im Internet bereitgestellt werden. Jugendgerechte Games und Apps sind eine weitere Möglichkeit für Gesundheitsförderung und Prävention.
Diesen Chancen stehen mögliche gesundheitsschädigende Auswirkungen gegenüber. Befürchtet werden negative Effekte auf die physische und die psychische Gesundheit und auf die kognitive Leistungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen, sowohl durch den Gebrauch digitaler Geräte selbst als auch durch bedenkliche Inhalte.
Materialien
- feelok.at: Internetbasiertes Interventionsprogramm für Jugendliche
- #humanity: Digitale Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen
Gesundheitliche Auswirkungen – was wir wissen
Spätestens seit dem Siegeszug des Smartphones, seit also nahezu jeder Haushalt zumindest ein digitales Endgerät besitzt, werden negative Auswirkungen durch die Nutzung dieser Medien befürchtet. Die vorgebrachten Bedenken ähneln dabei stark den Befürchtungen, die vor rund 50 Jahren die Verbreitung des Fernsehens und vor einigen Jahrhunderten die Popularisierung des Buchdrucks begleitet haben. Es scheint zur Natur der Menschen zu gehören, dass die breite Einführung neuer Technologien stets nicht nur mit Begeisterung sondern auch mit vielen Ängsten verbunden ist.
Befürchtet werden zum einen ungünstige Effekte auf die physische Gesundheit, vornehmlich durch die Art, wie die digitalen Geräte benutzt werden, beispielsweise durch das unbewegliche Stillsitzen während der Bildschirmzeit. Andererseits werden negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und auf die kognitive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen angenommen; dies wäre hauptsächlich auf die mittels digitaler Geräte konsumierten minderwertigen bzw. gefährlichen Inhalten zurückzuführen, aber auch durch soziale Isolation und Reduktion von zwischenmenschlichen Kontakten offline.
Die Forschung zeigt, dass die Zusammenhänge zwischen der Nutzung digitaler Technologien und negativen Auswirkungen auf die Gesundheit allerdings weit komplexer sind. Einfache kausale Wirkungen lassen sich kaum erkennen, vielmehr scheinen eine Reihe von Faktoren eine Rolle zu spielen, etwa die Dauer der Bildschirmzeit oder die psychosozialen Anlagen und Kompetenzen der Nutzerinnen und Nutzer.
Auswirkungen auf die physische Gesundheit
Häufige Befürchtungen von negativen Effekten auf die physische Gesundheit beziehen sich auf den Bewegungsmangel, der durch die immer längeren Nutzungszeiten entstünde. Durch einseitige Belastungen können tatsächlich ungünstige Effekte auf den Bewegungsapparat, auf Wirbelsäule und Muskulatur entstehen, zum Beispiel „Handy-Nacken“ oder „Maus-Arm“.
Bis jetzt konnte die Forschung keine negativen Auswirkungen auf die kardiovaskuläre Fitness von Kindern und Jugendlichen belegen. Es scheint so, dass es einen gewissen Zusammenhang zwischen vermehrten Fernsehkonsum und Übergewicht gibt. Fernsehkonsum und Adipositasneigung dürften allerdings weniger durch Bewegungsmangel als durch ein ungünstiges Ernährungsverhalten zusammenhängen: Beim Fernsehen werden mehr kalorienreiche und wenig gesunde Nahrungsmitteln (Snacks) verzehrt. Eine ähnliche Verbindung zwischen Übergewicht und Nutzung von online-Medien oder Social Media zeigt sich interessanterweise nicht.
Bildschirmmedien und Augengesundheit
Bekannt ist das Phänomen des sogenannten „office eye syndroms“: Durch das intensive Schauen auf einen Bildschirm wird die Anzahl der Lidschläge reduziert, was zu Augentrockenheit führen kann.
Auch das blaue Licht, das die Leuchtdioden (LED) in Bildschirmen von Handys, Tablets etc. abstrahlen, steht im Verdacht, das Auge zu schädigen. Während das Spektrum des natürlichen Sonnenlichts sich über den gesamten Wellenlängenbereich verteilt, zeigt das Spektrum der LEDs einen hohen Anteil an blauem, energiereichen Licht, das – anders als das Sonnenlicht – durch das Auge bis zur Netzhaut vordringt. In Vitro- und Tierstudien zeigen, dass es dort sogenannten fotooxidativen Stress verursacht, der Sehzellen schädigen und sogar zum Absterben bringen kann. Da abgestorbene Sehzellen nicht ersetzt werden, können Sehbeeinträchtigungen die Folge sein. Es wird vermutet, dass die Menge an blauem Licht, dem ein Mensch im Laufe seines Lebens ausgesetzt ist, die Entwicklung einer altersabhängigen Makuladegeneration fördert und damit zu schweren Sehstörungen im Alter führen kann.
Moderen LED-Bildschirme strahlen jedoch weitaus weniger energiereiches, blaues Licht ab als etwa in Studien verwendet wird; gesetzliche Vorgaben, zum Beispiel EU-Richtlinien, sorgen für das Einhalten unbedenklicher Grenzwerte. Nahezu alle Geräte, sowohl PC, Laptop als auch Smartphone, bieten zudem die Möglichkeit, auf wärme Lichtfarbe umzustellen („Nachtmodus“); es gibt auch Bildschirmbrillen mit gelblich getönten Gläsern.
Ein Zusammenhang von blauem Licht und der zunehmenden Verbreitung von Kurzsichtigkeit (Myopie) kann nicht ausgeschlossen werden. Kurzsichtigkeit entsteht durch ein zu starkes Längenwachstum des Augapfels während des Heranwachsens. Konzentriertes Schauen auf nahe Gegenstände wie den Bildschirm von Handy oder Computer (aber auch Bücher) scheint die Entwicklung von Kurzsichtigkeit zu fördern. Bekannt ist, dass Kinder, die sich viel im Freien aufhalten und natürlichem Sonnenlicht ausgesetzt sind, weniger häufig kurzsichtig werden.
Schlafprobleme
Blau-weißes Licht von Bildschirmen kann auch Auswirkungen auf den Schlaf haben. Energiereiches Licht hemmt die Produktion des körpereigenen Schlafhormons Melatonin; es ist jedoch nicht ausreichend erforscht, ob sich das tatsächlich auf den Schlaf oder die Schlafqualität auswirkt.
Schlafprobleme können aber auch durch die exzessive Nutzung von Internet, Social Media oder Messanger Dienste bis spät in die Nacht hinein entstehen, also durch spätes Schlafengehen, verkürzte Schlafdauer und dadurch verursachte Müdigkeit und eingeschränkte Leistungsfähigkeit tagsüber
Psychische Gesundheit
Untersuchungen zeigen einen gewisser Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und depressiven Verstimmungen bei Heranwachsenden. Eine direkte Verbindung zwischen Depressionen und insbesondere der Nutzung von Social Media, die ja oft im Verdacht stehen, die mentale Gesundheit von Jugendlichen negativ zu beeinflussen, lässt sich dagegen nicht nachweisen. Social Media können jedoch indirekt die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden insbesondere von Mädchen beeinträchtigen, indem diese dort vermehrt Bullying ausgesetzt sind; bei Burschen lässt sich dieser Effekt nicht so deutlich beobachten.
Dass die Nutzung von Bildschirmmedien zu Verhaltensprobleme, Ängste, Hyperaktivität und Konzentrationsschwierigkeiten, geringen Selbstwert und schlechtere psychosoziale Gesundheit beiträgt, lässt sich durch die Forschung nicht belegen. Auch eine Verbindung mit Essstörungen oder Suizidgedanken lässt sich nicht herstellen.
Kognitive Entwicklung und Lernerfolg in der Schule
Nur schwache Hinweise gibt es auf einen Zusammenhang von Bildschirm- und insbesondere Fernsehzeit und schlechten Lernleistungen oder negativen Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.
Fazit
Ein moderater Konsum von digitalen Medien hat also kaum Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, das mentale Wohlbefinden oder die kognitive Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, aber ein sehr hohes Nutzungsniveau kann negative Effekte haben. Entscheidend für eine ungünstige Wirkung auf die psychische Gesundheit dürfte die Dauer der Nutzung von Bildschirmmedien sein: Eine tägliche Bildschirmzeit von mehr als 2 Stunden wirkt sich eher ungünstig aus. Verglichen mit anderen Einflussfaktoren auf die Gesundheit, wie sie etwa in den Gesundheitsdeterminanten dargestellt sind, sind die gesundheitsschädigenden Effekte durch den Gebrauch digitaler Medien jedoch gering.
Problematische, gefährdende Inhalte
Erwachsene Bezugspersonen sind sehr besorgt, dass Kinder und Jugendliche bei ihren online-Aktivitäten mit problematischen Inhalten konfrontiert werden. Während Eltern und Lehrkräfte also das Risiko als hoch einschätzen, sind die meisten dennoch davon überzeugt, dass die Kinder und Jugendlichen aus ihrem Umfeld noch kaum unangenehme Erfahrungen gemacht haben. In Umfragen berichtet jedoch etwa ein Viertel der Jugendlichen von negativen Erlebnissen im Internet.
Am häufigsten erleben Kinder und Jugendliche verletzende und beleidigende Botschaften per Direktnachricht, gefolgt von der (öffentlichen) Verbreitung verletzender und beleidigender Nachrichten. Rund ein Drittel der Jugendlichen haben Nachrichten mit sexuellen Inhalten erhalten oder wurden nach sexuellen Dingen gefragt, obwohl diese Fragen unerwünscht waren. Mädchen sind etwas öfter betroffen als Burschen.
Welche negativen Erfahrungen machen Heranwachsende?
Cyber-Mobbing
Mobbing ist das absichtliche und wiederholte Bloßstellen, Schikanieren, Beleidigen, Belästigen oder Ausgrenzen einer Person über einen längeren Zeitraum. Findet das Mobbing über digitale Medien statt, spricht man von Cyber-Mobbing. Cyber-Mobbing ist besonders belastend, da es rund um die Uhr und überall stattfindet; es gibt also keine sicheren Orte oder Zeiten, zu denen keine Belästigung stattfindet. Cyber-Mobbing erreicht unter Umständen ein relativ großes Publikum; einmal online gestellte Inhalte lassen sich zudem schwer entfernen. Täter:innen nutzen die (scheinbare) Anonymität in Internet.
Cyber-Grooming
Die Anonymität des Internets ermöglicht es (zumeist männlichen) Erwachsenen, sich das Vertrauen von Kindern und Jugendlichen zu erschleichen, sie nach sexuellen Informationen zu fragen und auf diese Weise schlimmstenfalls einen Missbrauch im realen Leben vorzubereiten. Dabei werden Fragen nach bisherigen sexuellen Erfahrungen, Vorlieben und Praktiken gestellt oder die Heranwachsenden zu sexuellen Handlungen aufgefordert. Gefährdet sich vor allem Kinder und Jugendliche, die wenig sozialen Rückhalt in der Familie und bei Freunden haben und die die vermeintliche Zuwendung der Fremden im Internet dankbar annehmen.
Sexting
Unter Sexting versteht man das Verschicken und den privaten Austausch von eigenen Nacktbildern und selbst produzierten erotischen Videos über digitale Medien. Die Jugendlichen vertrauen darauf, dass die andere Person die Bilder vertraulich behandelt und nicht weiter verbreitet. Nicht alle bedenken, dass man mit dem Versenden eines Bildes keine Kontrolle mehr über die weitere Verbreitung hat; nach dem Ende einer Beziehung oder einer Freundschaft sinkt vielleicht die Hemmschwelle, kompromittierende Bilder des Ex-Freundes, der Ex-Freundin im Internet zu verbreiten.
Der Besitzen und die Verbreitung von pornografische Aufnahmen von Personen unter 18 Jahren ist grundsätzlich illegal (§207a StGB – Kinderpornografie). Für Jugendliche über 14 Jahre gilt die Ausnahme, dass sie sich im Einverständnis gegenseitig Aufnahmen schicken dürfen.
Hassposting/Hate Speech, Rassismus, Sexismus, Diskriminierung
Als Hassposting oder Hate Speech werden menschenverachtenden Äußerungen im Internet bezeichnet. Sie richten sich gegen Einzelpersonen oder Gruppen von Personen; die Inhalte sind häufig rassistisch, sexistisch, antisemitisch, homophob, queerfeindlich oder gewaltverherrlichend.
Rund die Hälfte der Jugendlichen versuchen die Probleme selbst zu lösen, wenn sie negative Erlebnisse haben, zum Beispiel durch Löschen oder Blocken unliebsamer Inhalte oder durch Schließen der App. Nur ganz wenige entschließen sich, problematische Inhalte zu melden. Etwa 45% suchen bei Problemen Rat und Unterstützung bei Freunden oder bei den Eltern. An ihre Lehrerin oder ihren Lehrer wendet sich nur ein Zehntel.
Informationen
Internetsucht, Mediensucht, Computerspielsucht
Seit dem Aufkommen digitaler Medien und der weiten Verbreitung des Internets wird die besondere Anziehungskraft, die diese Art der Unterhaltung speziell auf junge Menschen hat, betont. Ausgehend von der Beobachtung, dass manche Personen zu exzessiver Nutzung neigen, wurde von der Möglichkeit einer Internetsucht, Mediensucht, Computerspielsucht oder auch Handysucht gesprochen. 2018 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) exzessives Computer- und Videospielen in die internationale Klassifikation von Krankheiten und Gesundheitsproblemen (ICD) aufgenommen und damit als Krankheit anerkannt.
Wie viele andere Verhaltensweisen kann auch die Nutzung digitaler Medien ein solches Ausmaß annehmen, dass sie andere Lebensbereiche beeinträchtigt und eine suchtartige Ausprägung annimmt. Aber nicht alle, die viel Zeit am Computer oder mit dem Handy verbringen, sind süchtig. Ein abhängiges Verhalten lässt sich an folgenden Merkmalen erkennen:
- Das süchtige Verhalten, also Medienkonsum oder Computerspiele etc., nehmen einen großen Teil der Zeit ein; Familie, Freunde, Schule oder Arbeit sowie andere Beschäftigungen kommen zu kurz.
- Kontrollverlust: Den Süchtigen gelingt es nicht, Dauer, Häufigkeit und Intensität der Beschäftigung mit Computer oder Handy zu kontrollieren, obwohl sie das gern möchten und schon häufig versucht haben.
- Entzugserscheinungen: Bei Verhinderung des süchtigen Verhaltens, werden die Betroffenen nervös, gereizt und aggressiv.
- Steigerung der Dosis: Es braucht immer mehr des süchtigen Verhaltens, also es muss immer mehr Zeit mit Spielen oder Surfen verbracht werden.
- Schädliche Folgen: Es ist nicht möglich, das Verhalten aufzugeben oder einzuschränken, obwohl es sich negative auf die Beziehungen zu Familie und Freunden, auf die Leistungen in Schule oder Beruf und auf die Gesundheit auswirkt.
Informationen
- Kennzeichen einer Verhaltenssucht – Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs gesundheit.gv.at
Wie schätzen die Jugendlichen selbst ihren Medienkonsum ein?
Die meisten jungen Menschen sehen den eigenen Medienkonsum durchaus kritisch. Knapp zwei Drittel der Jugendlichen geben an, dass sie öfters mit Handy oder Computer ihre Zeit verschwenden. Fast die Hälfte meint, dass sie sich ohne Internet langweilen. Rund ein Sechstel sagt, dass sie alltägliche Pflichten zugunsten der Beschäftigung mit dem Internet vernachlässigen. Ein Drittel hat schon – zum Teil erfolglos – versucht, ihren Medienkonsum zu reduzieren oder einzuschränken.
Welche Kinder und Jugendlichen sind gefährdet?
Es gibt verschieden Gruppen von Risikofaktoren für die Entwicklung eines suchtartigen Medienkonsums:
- Heranwachsende mit Persönlichkeitsmerkmalen wie Schüchternheit, soziale Ängstlichkeit, depressive Verstimmtheit, wenig ausgeprägte Selbstwirksamkeit und unzureichend entwickelte Lebens- und Gesundheitskompetenzen.
- Von sozio-ökonomischen Benachteiligungen Betroffene, die aus Familien mit niedrigen Bildungsniveau, niedrigen Einkommen bzw. Armut kommen und häufig mit ungünstigen Ernährungs- und Gesundheitsgewohnheiten aufgewachsenen sind.
- Jugendliche, die sehr gut in der Produktion und Veröffentlichung von Onlinematerial sind, intensiv im Internet interagieren und sehr interessiert an technischen Neuerungen sind, die aber über schlechte Selbstregulation und Sozialkompetenz verfügen.
Materialien
- Süchtig nach Internet & Handy? (PDF) – Saferinternet.at
- GIVE-Factsheet Life Skills. Lebens- und Gesundheitskomeptenzen
Digitale Medien und Gesundheitskompetenz
Das Internet ist für viele Menschen die erste Informationsquelle, auch in Bezug auf Gesundheitsinformationen. Vor allem jüngere, besser gebildete Menschen nutzen online-Informationen. Jugendliche und junge Erwachsene stellen bei der Suche nach Gesundheitsinformationen die größte Nutzergruppe, obwohl sie am seltensten krank sind. Gesundheitsinformationen sind häufig komplex und besonders bei sensiblen Themen wie Sexualität oder psychische Gesundheit sind seriöse und korrekte Auskünfte wichtig. Personen mit ausgeprägter Gesundheitskompetenz tun sich leichter damit, seriöse Informationen von Halbwahrheiten, interessengeleiteten Meinungen oder Falschmeldungen zu unterscheiden.
In einer Studie wurden Schülerinnen und Schüler aus weiterführenden Schulen in Deutschland befragt, wie sie sich im Internet über Gesundheit informieren und welche Gesundheitsthemen dabei für sie interessant sind. Bewegung und Sport stehen bei den gesundheitsbezogenen Internetrecherchen an erster Stelle: Ein Drittel der befragten Jugendlichen sucht häufig, ein weiteres Drittel zumindest manchmal nach Informationen dazu. Ernährung bzw. Informationen zu bestimmten Nahrungsmitteln sind für knapp ein Fünftel von Interesse, gefolgt von Figur, Bodybuilding sowie Beauty- und Schönheitstipps. Nach körperlichen Beschwerden oder Symptomen recherchieren die Schülerinnen und Schüler eher selten.
Die Jugendlichen wurden auch um ihre Einschätzung geben, wie einfach oder schwer ihnen der Umgang mit digitalen Gesundheitsinformationen fällt; die Antworten erlauben einen Einblick in ihre Gesundheitskompetenz. Mehr als die Hälfte der Schülerinnen und Schüler berichten, dass es ihnen leicht fällt, ihre Suchanfragen zu formulieren und die Zuverlässigkeit und Relevanz der Infos einzuschätzen. Mehr als 40% tun sich nach eigenem Bekunden damit weniger leicht.
Falsche und haltlose Empfehlungen zu Fitness, Ernährung, Diäten und sexueller Gesundheit, unrichtige Selbstdiagnosen bei (subjektiven) psychischen Beeinträchtigungen oder Vorschläge zur Selbstmedikation können negative Effekte für Gesundheit und Wohlbefinden haben. Das Achten auf einige Merkmale hilft, Gesundheitsinformationen im Internet auf ihre Seriosität und ihren Wahrheitsgehalt zu beurteilen:
- Wer hat die Informationen geschrieben? Welche Qualifikation hat der Autor, die Autorin?
- Was sind die Ziele der Informationen bzw. der Website? An wen richten sich die Informationen?
- Wann wurden die Informationen erstellt? Wie aktuell sind die Auskünfte? Wird ein Datum angegeben?
- Sind die Quellen, vor allem wissenschaftliche Literatur, angegeben?
- Wie wird das Informationsangebot finanziert? Gibt es Werbung auf der Website? Wofür wird geworben?
- Ist der Text übersichtlich und verständlich? Werden Fachbegriffe erklärt?
- Sind die Informationen ausgewogen, d.h. werden neben der Wirkung einer Behandlung auch Nebenwirkungen, Risiken oder Nachteile benannt und auf alternative Behandlungsmöglichkeiten hingewiesen? Werden andere Behandlungsmöglichkeiten oder Angebote womöglich negativ dargestellt und schlecht gemacht?
Materialien & Informationen
- Checkliste Gute Gesundheitsinformation (PDF) – Österreichische Plattform Gesundheitskompetenz
- Suchen im Internet – Informationskompetenz in der digitalen Welt (Video) – Saferinterent.at
- Unterrichtsmaterialien: Wahr oder falsch im Internet (PDF) – Saferinternet.at
- Übung „Hoax-Quiz“ – Wie gut können Jugendliche bearbeitet Bilder aus dem Internet erkennen? – peerbox.at
- Wie erkenne ich seriöse Gesundheitsinformationen? – medizin-transparent.at
- GIVE-Factsheet Gesundheitskompetenz und Schule
Praxistipps für die Schule
Für einen souveränen und gesundheitsfördernden Umgang mit digitalen und online-Medien brauchen Kinder und Jugendliche die notwendigen technischen Fertigkeiten, aber auch eine Reihe weiterer Kompetenzen, allen voran Medienkompetenz oder – für digitale Medien weiter entwickelt – Internetnutzungskompetenz (Stodt 2018, S 81). Gute Selbst- und Sozialkompetenzen sind weitere bedeutende Schutzfaktoren, die einen gesundheitsschädigenden oder gar süchtigen Mediengebrauch vermeiden helfen.
Für Schulen bzw. Lehrerinnen und Lehrer bedeutet das, dass vieles, was sie ohnehin schon in ihren Unterricht integriert haben – zum Beispiel medienpädagogische Aktionen, Soziales Lernen, Programme zur Förderung der Lebens- und Gesundheitskompetenzen – die Schülerinnen und Schüler für einen konstruktiven Umgang mit online-Medien fit macht.
Förderung der Medienkompetenz
Grundlage der Medienkompetenz ist die technische Expertise, also Fertigkeiten zur Bedienung von Hard- und Software sowie von Internetanwendungen. Genauso wichtig sind Wissen über Medien, die Fähigkeit, sich kritisch mit Medien auseinanderzusetzen, Medien selbstbestimmt und kreativ gestalten zu können, außerdem ein gewisses Ausmaß an Selbstregulation, also die Fähigkeit den eigenen Medienkonsum anhand persönlicher Maßstäbe kontrollieren zu können.
Medienkompetenz: Materialien
- Unterrichtsprinzip Medienbildung – Grundsatzerlass (PDF) – Bildungsministerium BMBWF
- Social Media im Unterricht. Merkblatt – Schule Social Media.
Zu einem kompetenten Umgang mit Medien gehört auch die Fähigkeit und das Können, Inhalte zu produzieren und Medien kreativ mitzugestalten.
Mediengestaltung: Materialien
- So geht Medien: Videos machen wie ein Profi. Unterrichtsmaterial – Bayrischer Rundfunk.
- Virtuelle Pädagogische Hochschule – Fortbildungsangebote
Förderung der Selbstreflexion und Selbstregulation
Wer das eigene Medienverhalten gut regulieren kann, läuft deutlich weniger Gefahr gesundheitsschädigende Effekte zu erleben, negative Erfahrungen im Internet zu machen oder gar ein pathologisches Konsumverhalten zu entwickeln. Als Einstieg in die Reflexion des eigenen Medienkonsums können folgende Fragen dienen:
- Wie viel Zeit verbringe ich selbst mit Smartphone, Tablet, PC und TV?
- Welche anderen Aktivitäten kommen dadurch eventuell zu kurz?
- Hat meine Mediennutzung Effekte auf mein körperliches und mentales Wohlbefinden (z.B. Verspannungen im Nacken oder Rücken, Schlafprobleme etc.)?
- Möchte ich an meinem Medienverhalten etwas verändern? Was kann mir dabei helfen?
Selbstregulation: Materialien
- Informationen für Jugendliche zum Thema online-Sucht – feelok.at
- FAQ zu exzessiver Internet-Nutzung und online-Sucht – Saferinternet.at
- Flyer für Jugendliche „Süchtig nach Internet & Handy?“ (PDF) – Saferinternet.at
- Übung „Meine Grenzen“: Jugendliche reflektieren das eigene Medienverhalten und entwickeln Strategien, um exzessive Mediennutzung zu reduzieren – peerbox.at
- Selbsttest für Jugendliche: „Bin ich süchtig?“ – Ins-netz-gehen.de
- Smartphone-Etikette für Jugendliche (PDF) – Schule Social Media
Anwendungen zur Kontrolle der eigenen Smartphone-Nutzung
- Systemeigene Anwendungen: Bildschirmzeit in iOs und Digital Wellbeing in Android.
- Gratis-Apps zum Downloaden:
- Quality Time (für Android)
- Stay Free Screen Time (für Android)
Selbst- und Sozialkompetenz, Lebens- und Gesundheitskompetenzen
Persönliche Ressourcen wie Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeit und Resilienz sowie soziale Kompetenzen wie kommunikative Fertigkeiten und Konfliktfähigkeit sind bedeutende Schutzfaktoren für einen bewussten und souveränen Umgang mit digitalen Technologien. Soziales Lernen oder Programme zur Förderung der sogenannten Life Skills unterstützen die Entwicklung dieser persönlichen Kompetenzen.
Lebens- und Gesundheitskompetenzen: Programme
- Freunde. Programm zu Lebenskompetenzförderung für den Kindergarten – Österreichisches Jugendrotkreuz
- Gemeinsam stark werden. Programm zur Lebenskompetenzförderung für Volksschulen – Fachstellen für Suchtprävention
- PLUS. Programm zur Lebenskompetenzförderung für Sekundarstufe 1 – Fachstellen für Suchtprävention
GIVE-Angebote
Materialien:
- Gute Beziehungen in der Schule
- Ich schaffe das! Unterrichtsmodule zur Ressourcenstärkung bei Kindern und Jugendlichen
- Lebenskompetenzen fördern – Suchtvorbeugung in der Schule
- Factsheet Life Skills
- Weniger Stress in der Schule
Online-Angebote:
- Online-Schwerpunkt Lebenskompetenzen fördern
- Online-Schwerpunkt Psychosoziale Gesundheit fördern
- Online-Schwerpunkt Stress
Weitere verwendete Quellen:
BÜSCHING, U.; RIEDEL, R. (2017): BLIKK-Medien: Kinder und Jugendliche im Umgang mit elektronischen Medien. (4.3.2024)
DÖRING, N. (2017): Zum Gesundheitszustand des #HomoDigitalis. In: Impulse für Gesundheitsförderung Nr. 95 – Juni 2017: #Gesundbleiben in einer digitalen Welt. S. 2-3
HEILIG, P. (2019): Auge und Technik. Concept Ophthalmologie 2/2019
IRMER, J. (2018): Blaulichtalarm – Schaden Bildschirme den Augen? Spektrum der Wissenschaft. (4.3.2024)
KERSCHNER, B,. (2017): Stört blaues Licht den Schlaf? Medizin-transparent.at. (4.3.2024)
OBREN, A./PRZYBYLKI, A.K. (2019): The association between adolescent well-being and digital technoloy use. In: Nature Human Behaviour. (4.3.2024)
ORDE, H. vom/DUNKE, A. (2020): Grunddaten Jugend und Medien 2020. Zusammengestellt von Internationales Zentralinstitut für das Jugend-und Bildungsfernsehen (IZI)
SMAHEL, D., MACHACKOVA, H., MASCHERONI, G., DEDKOVA, L., STAKSRUD, E., ÓLAFSSON, K., LIVINGSTONE, S., and HASEBRINK, U. (2020). EU Kids Online 2020: Survey results from 19 countries. EU Kids Online. (4.3.2024)
STIGLIC, N./VINER, R.M. (2019): Effects of screentime on the health and well-being of children and adolescents: a systematic reviews of reviews. BMJ Open 2019.
VINER; R.M. et.al (2019): Roles of cyberbullying, sleep, and physical activity in mediating the effects of social media use on mental health and wellbeing among young people in England: a secondary analysis of longitudinal data. The Lancet Child & Adolescent Health. (4.3.2024)