Neues aus dem Europäischen Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen: The Moscow Statement 2019
Ende November 2019 fand die 5. Konferenz des Europäischen Netzwerks Gesundheitsfördernder Schulen (SHE) in Moskau statt, mit über 450 Teilnehmenden aus 40 Ländern. Als Ergebnis der Konferenz wurde nun, wie auch bei den vier vorangegangenen Tagungen, ein Statement veröffentlicht, das aktuelle Herausforderungen für Gesundheitsförderung in Schulen identifiziert und Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung gibt.
In dem Papier werden zuerst die zahlreichen sozialen Veränderungen angesprochen, die sich seit der Einführung des Konzepts der Gesundheitsfördernden Schule vor mehr als 30 ereignet haben. So hätten sich die Bedingungen, unter denen junge Menschen aufwachsen, aber auch das Verhalten und die Einstellungen zu Gesundheit, sozialem Zusammenhalt, Lernen und Arbeiten in den vergangenen Jahrzehnten stark verändert. Krieg und Gewalt, oft verursacht durch kulturelle und religiöse Unterschiede oder durch politische und ökonomische Krisen, der dadurch verursachte Anstieg der Migration sowie der Klimawandel verändern einige der Determinanten für Gesundheit drastisch, etwa im Bereich Umwelt, Soziales und Politik. Neu seien aber auch die grassroot movements für mehr Partizipation, die als Reaktion auf die vorher genannten Veränderungen entstehen. Sie gehen vor allem von jungen Leuten aus, die einen politischen, sozialen, ökologischen und ökonomischen Kurswechsel fordern.
Aus allen diesen Veränderungen ergäben sich neue Aufgaben und Herausforderungen für die schulische Gesundheitsförderung. Das Moscow Statement on Health Promoting Schools benennt sechs Handlungsfelder:
1. Die Werte und Grundelemente des SHE-Netzwerks (SHE Network Foundation) bleiben wichtig. Explizit genannt werden:
- demokratische Abläufe, Chancengerechtigkeit, aktive Mitwirkung und Partizipation der Beteiligten;
- ein inklusiver Zugang aufbauend auf den Bedürfnissen und Hintergründen der jungen Menschen, unabhängig von Geschlecht, ethnischer und kultureller Herkunft, Religion etc.;
- basierend auf dem whole-school-approach, d.h. unter Einbeziehung der ganzen Schule auf allen Ebenen, von Unterrichtsebene bis zum Schulprogramm, und Angeboten für die verschiedenen Zielgruppen in der Schule;
- Verknüpfung von Gesundheitsförderung mit dem Bildungsauftrag der Schule und mit Schulqualitätsmaßnahmen.
2. Umwelt, Klima und Gesundheit hängen stark voneinander ab und werden von denselben gesellschaftlichen Strukturen beeinflusst. Gesundheitsförderung und Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) haben dieselben Ziele, deshalb ist eine enge Zusammenarbeit von Gesundheitsförderung und BNE wesentlich. Junge Menschen sollen unterstützt werden, wenn sie eine nachhaltige Zukunft für sich selbst und ihre Mitmenschen einfordern; Schulen haben die Aufgabe, Heranwachsende über die Auswirkungen der von Menschen verursachten Umweltzerstörung auf die Gesundheit zu informieren und dieses wichtige Thema in die Curricula aufzunehmen.
3. Das Moscow Statement ruft zu einem Health-in-all-policies-Zugang auf, denn Schulen können nicht isoliert von ihrem Umfeld, ihrer Gemeinde betrachtet werden. Wirksame Gesundheitsförderung für junge Menschen braucht einen Zugang über viele sog. Settings, nicht nur über das Setting Schule. Notwendig ist auch eine intersektorale Zusammenarbeit von Pädagogen/Pädagoginnen, Gesundheitsfachleuten, Jugendarbeit und anderer Akteure, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten.
4. Nicht-übertragbare Krankheiten und vor allem psychische Erkrankungen sind die größten Gesundheitsgefahren für junge Menschen in Europa. Deshalb sind ein gesundes Umfeld in der Schule mit Bewegungsmöglichkeiten, gesunden Verpflegungsangeboten und einer systematischen Förderung sozialemotionaler Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler wichtig. Gefördert werden sollen außerdem Gesundheits- und Medienkompetenzen, damit junge Menschen kritisch und verantwortungsbewusst auf Werbung und Marketingstrategien reagieren können
5. Es braucht noch mehr Forschung zur Effektivität des Konzepts der Gesundheitsfördernden Schule, damit der Ansatz noch weitere Verbreitung findet. Deshalb ruft das Statement zu mehr Forschung in diesem Bereich auf und fordert die enge Zusammenarbeit von Forschenden und Praktiker/innen ein.
6. Digitale Medien spielen eine große Rolle und sind aus dem Leben von Heranwachsenden nicht mehr wegzudenken. Schulische Gesundheitsförderung soll sich der Herausforderungen und der Potenziale, die sich durch die Digitalisierung ergeben, bewusst werden, diese ausloten und nach Möglichkeit nutzen.
Das ganze Moscow Statement steht auf der SHE-Website zum Download zur Verfügung (auf Englisch).