Zwischen toxischen Influencern und sorgender Männlichkeit. Geschlechterkonzepte von Burschen und jungen Männern
Wie geht’s eigentlich den Burschen? Herausforderungen und Perspektiven
Die Lebensrealität junger Männer bleibt in gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskussionen oft im Hintergrund – und das, obwohl sie rund die Hälfte der Jugendlichen ausmachen und in den kommenden Jahren die Gesellschaft entscheidend mitgestalten werden. Doch was bewegt Burschen heutzutage? Mit welchen Herausforderungen sehen sie sich konfrontiert, und wie stellen sie sich die Rolle vor, die sie als Männer in der Zukunft einnehmen wollen?
Diese Fragen sind komplex und oft schwer zu beantworten. Große Jugendstudien, wie die bekannte Shell-Studie, richten ihren Fokus häufig auf junge Aktivist:innen oder medienpräsente Gruppen, etwa Klimaaktivist:innen oder Jugendliche aus Einwandererfamilien. Dabei geraten andere Gruppen, wie etwa junge Männer aus bildungsfernen Milieus, häufig aus dem Blickfeld. Dieser blinde Fleck zeigt, wie wichtig es ist, ihre Lebensrealitäten stärker in den Fokus zu rücken. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt die Diversität: Während urbane, akademisch geprägte Burschen zunehmend Genderrollen hinterfragen und alternative Männlichkeitskonzepte leben, sieht die Realität in ländlicheren Gebieten oft anders aus. Hier finden sich Gruppen junger Männer, die sich stärker an traditionellen Geschlechternormen orientieren. Ob auf Parkplätzen mit Energy Drinks und Deutschrap oder in der virtuellen Welt toxischer Influencer – die Spannbreite ihrer Lebensentwürfe ist groß.
Die Suche nach Identität in einer komplexen Gesellschaft
Männlichkeit ist kein statisches Konzept, sondern wird in sozialen Kontexten immer wieder neu definiert. Während einige junge Männer traditionelle Ideale wie Härte und Unverwundbarkeit hochhalten, engagieren sich andere für Respekt, Geschlechtergerechtigkeit und ein vielfältigeres Verständnis von Männlichkeit. Viele stehen zwischen diesen Polen und fühlen sich unsicher angesichts der widersprüchlichen Erwartungen, die die Gesellschaft an sie stellt.
Hinzu kommt der Druck der gesellschaftlichen Norm der Zweigeschlechtlichkeit: Von Geburt an wird von Jungen erwartet, ihre Geschlechtszugehörigkeit durch bestimmte Verhaltensweisen und Interessen unter Beweis zu stellen. Doch was passiert, wenn sie diesen Erwartungen nicht entsprechen? Solche Konflikte können Unsicherheiten auslösen, die sich bei manchen in einem Rückzug oder einer ablehnenden Haltung gegenüber alternativen Geschlechtsmodellen zeigen.
Online-Welten: Chancen und Risiken
Digitale Räume spielen eine zentrale Rolle bei der Identitätsbildung. Einerseits sind sie Quellen für toxische Männlichkeitsbilder, die Macht und Gewalt glorifizieren. Andererseits bieten sie Plattformen für neue Rollenmodelle und Diskussionen über Diversität und Geschlechtergerechtigkeit. Es liegt an der Gesellschaft, junge Männer bei der kritischen Auseinandersetzung mit diesen Einflüssen zu unterstützen.
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Die Vielfalt männlicher Lebensentwürfe zeigt, wie wichtig ein differenziertes Verständnis für die Herausforderungen von Burschen ist. Pädagogische und wissenschaftliche Ansätze sollten verstärkt auf die individuellen Lebenswelten eingehen und Sensibilität für ihre Bedürfnisse fördern. Nur so kann eine Generation heranwachsen, die ihre Identität frei und respektvoll gestaltet.
Die Auseinandersetzung mit der Frage, was Männlichkeit bedeutet, bleibt eine gesellschaftliche Aufgabe – nicht nur für die Burschen selbst, sondern für uns alle.